Was motiviert eigentlich Associates (oder: Der Gehaltskrieg, der nicht zu gewinnen ist)

Der Gehaltskrieg, der nicht zu gewinnen ist: oder: wie Kanzleien/Partner vermeiden können, für neue Mitarbeiter nicht mehr interessant zu sein. Alle schauen auf Top Gehälter (siehe auch: https://www.juve.de/markt-und-management/noerr-poellath-und-goerg-erhoehen-associate-loehne). Aber US-Kanzleien werden aufgrund ihres Geschäftsmodelles im Gehaltskrieg um Associates immer erfolgreicher sein, das erleben seit Jahren die erfolgsverwöhnten UK Kanzleien im Londoner Markt, denen viele Top-Partner weggelaufen sind und die Rekrutierung von guten Anwälten aufgrund des Gehaltskrieg um Associates immer schwerer wird. Daher muss das Angebot ein anderes sein, aber: weniger Arbeiten wäre ein Schuss ins Knie, denn manchmal muss ein Anwalt einfach da sein. Das Geschäftsmodell einer Anwaltskanzlei besteht darin, Probleme für Mandanten zu lösen, und da diese selten mit ausreichend Vorlauf kommen, müssen diese also zusätzlich zu den bereits vorhandenen und meist mit Fristen verbundenen Mandaten erledigt werden (es ist ein Kompliment, wenn ein Mandant mit besonders zeitkritischen Anfragen kommt, denn dann gilt man als Anwalt in den Augen des Mandanten als fähig). Es muss sich daher um eine Lösung handeln, die nichts mit der Kernleistung zu tun hat. Die meisten Kanzleien schrauben an Arbeitsbedingungen, Einzelzimmer etc. Aber das ist alles schnell ausgereizt. Wichtiger wäre es, in eine andere Richtung zuschauen, nämlich auf Motivation. Denn Geld motiviert nicht, sondern ist lediglich zu Hygiene wichtig: ein Leistungsträger will nicht schlechter bezahlt werden als ein ebenso leistungsfähiger (siehe Bild: Intrinsisch/extrinsische Motivation).  Die Lösung liegt vielmehr darin, die intrinsische Motivation zu stärken: also etwa die Art von Mandaten und Mandanten, die Zusammenarbeit im Team, die Möglichkeit, außergewöhnliche Mandanten kennen zu lernen und von Top-Anwälten zu lernen. Diese Kriterien sind viel wichtiger. Leider verdrängt extrinische Motivation die intrinsische, was man an der Häufung an Kammerverfahren gegen Großkanzleien lesen kann, die das nicht beachten.

Gelingt es dagegen, die intrinsiche Motivation zu stärken, sie anzuerkennen etwa durch neue Zusammenarbeitsprozesse, die interessant sind, werden Mitarbeiter gehalten und neue gewonnen. Auch Werte sind wichtig, gerade für Juristen: Das wird uns in einem Fall klar, da wir gerade arbeiten wir mit einer Kanzlei, die seit Jahren weder Partner noch Mitarbeiter verliert, weil sie sich aus dem Gehaltskrieg um Associates ausgeklinkt hat: denn sie arbeiten für die spannendsten Mandate unterprivilegierter Kläger und Konsumenten gegen Großunternehmen.  Gelingt es, die Motivation auch und gerade ausserhalb der reinen monetären Anreize zu erhöhen, kann das Geschäftsmodell ausgebaut werden, und die Kanzlei wächst. Auch jene internationalen Großkanzleien, die mit ihren ausschließlich an den Interessen der Großkonzerne ausgerichteten Arbeit mehr auf Geld schauen müssen, können das nur bieten, wenn sie mit mehr als nur mit Geld Leben bezahlen.

(zum Bild: Hygienefaktoren: Faktoren von 1.844 Ereignissen während der Arbeit, die zu extremer Unzufriedenheit führten; Motivatoren: Faktoren von 1.753 Ereignissen während der Arbeit, die zu extremer Zufriedenheit führten; Quelle: H. Schmalen: Grundlagen und Probleme der Betriebswirtschaft, 10. Auflage, Köln 1996, S. 267)



Weiterlesen-Empfehlung