Tiefgang: Restrukturierung und Sanierung von Kanzleien – eine neue Herausforderung im Kanzleimarkt

Restrukturierung und Sanierung von Kanzleien – eine neue Herausforderung im Kanzleimarkt

Von Christoph H. Vaagt und Thorsten Zulauf

In dieser Artikelserie setzen wir uns mit den Erfahrungen auseinander, die wir als Berater im Kanzleimarkt in der letzten Zeit vermehrt gemacht haben. Während früher die Frage nach der Strategie, dann nach der Organisation von Wachstum im Vordergrund stand, haben wir es nun mit Restrukturierungs- und Sanierungsbedarfen zu tun, was sich auch in unseren Kanzleibenchmarkuntersuchungen zeigt. Dies hat Konsequenzen für die Kanzleien als auch für den einzelnen Anwalt.

Die wirtschaftlich erfolgreiche Führung von Kanzleien ist in dem heutigen wirtschaftlichen Umfeld kein Selbstläufer mehr. Eine differenzierte Positionierung gegenüber Wettbewerbern der Kanzlei am Markt, die Schaffung enger Bindungen mit Mandanten in einem kompetitiven Umfeld, die Bindung der Mitarbeiter und die Schaffung eines attraktiven Arbeitsumfeldes bei gleichzeitiger Sicherstellung der Profitabilität verlangt den Partnern einiges ab.

Die Kanzleien, die dies bewältigen gehört die Zukunft, die Kanzleien die nicht wettbewerbsfähig sind, haben unklare Zukunftsaussichten. Was im Kanzleimarkt erst am Horizont sichtbar wird, ist etwa bei den Wirtschaftsprüfern schon viel stärker sichtbar.

1.1 Partnerschaften werden nur noch mittels Konsolidierung wachsen

Ohne ein nachhaltiges Wachstum wird es für eine Kanzlei schwer, eine Perspektive für die Fortführung zu finden, wenn keine Vision, wohin sich die Kanzlei entwickeln soll und ein klares Verständnis von einem Fokus der Bearbeitung des Marktes bestehen. Ist eine Partnerschaft nicht mehr attraktiv, finden sie keine „Partner” mehr, die sie aufnehmen können, und damit fehlen ihnen jene Ressourcen, die das Geschäftsmodell bisher ausgemacht haben. Wachstum entstand früher automatisch mit der Ausweitung des Angebotes, da der Markt ein Angebotsmarkt war: Mandanten fanden gar nicht genug kompetente Anwälte, die ihrem laufend steigenden Bedarf an Rechtsrat nachkommen konnten.

Dies hat sich aber gedreht: zum einen sind die Bedarfe nun weitgehend gedeckt, zum anderen gab es immer mehr Anwälte auf dem Markt. Dann haben die Mandanten angefangen, ihre Rechtsabteilungen so auszustatten, dass sie den Großteil der Rechtsfragen selber abdecken können. Und Drittens haben sie angefangen, die Kanzleien darauf hin zu untersuchen, wen sie für welches Geschäft brauchen, und wem sie wieviel bezahlen. Daraufhin hat sich die Situation umgedreht: nun ist es ein Käufermarkt, die Mandanten entscheiden kritischer über die Vergabe, und Kanzleien stehen in einem hohen Wettbewerb um Mandate und den juristischen Nachwuchs.

Einige Kanzleien waren versucht, sich mit anderen Kanzleien zusammenzuschliessen, wenn organisches Wachstum nicht in ausreichendem Masse gelingt. Kanzleimerger, wie auch die Integration von Teams in die eigene Kanzlei, sind aber von komplexer Natur und benötigen die Aufmerksamkeit und den Einsatz aller Partner. Ohne diese Grundeinstellung und die Schaffung eines den Merger unterstützenden Umfeldes können die damit verbundenen Erwartungen an Wachstum, einem verbesserten Marktauftritt und damit der nachhaltigen Stärkung der Marktstellung nur selten erfüllt werden. Nur wenige Kanzleifusionen unter deutschen Kanzleien der letzten Jahre können als wirklch erfolgreich betrachtet werden – sie retteten sich meist in die Arme von UK und US Kanzleien, die mit ihren überlegenen Managementprozessen dann die Kanzleien auf Kurs brachten (und sich dabei von einer Reihe von Partnern trennten). Die Restrukturierung gelang somit auf dem Umwege der Delegation der Probleme auf eine neue Einheit.

1.2 Zusammenfassung

Die dargestellten Veränderungen bieten Chancen, sowohl für die Kanzlei als Organisation, als auch für den Anwalt als Partner oder Associate als Teil dieser Kanzlei.

Die Kanzlei als Organisation muss den Anwälten ein Umfeld bieten, in dem diese die besten Bedingungen für ein professionelles, auf Wachstum ausgerichtetes Arbeiten vorfinden. Die Kanzlei muss für Prozesse sorgen, die die strategische Entwicklung der Kanzlei, der angebotenen Dienstleistungen und der Anwälte sicherstellen.

Genauso sind aber auch die Anwälte gefordert, sich den veränderten Markt –und Wettbewerbsbedingungen anzupassen, damit diese in der Kanzlei nachhaltig erfolgreich sein können.

Für Partner bedeutet das sich insbesondere mit dem Rollenbild des Partners und den veränderten Anforderungen der Mandanten, wie auch der Erbringung von Rechtsrat als Teil der anwaltlichen Dienstleitung auseinanderzusetzen. Für Associates bedeutet dass insbesondere die notwendigen Fähigkeiten aufzubauen, die eine nachhaltig, erfolgreiche Tätigkeit in der Kanzlei ermöglichen. Es gilt ebenso, dass neben dem bisherigen Karriereziel der Partnerschaft auch Alternativen in Betracht gezogen werden, und diese aktiv in die Organisation einzubringen. Die Kanzlei als Organisation widerrum hat die Herausforderung, die verschiedenen Sichtweisen auf eine erfolgreiche anwaltliche Tätigkeit zu bündeln, zu integrieren und sicherzustellen, dass diese den ökonomischen und sonstigen Erwartungen der Partner genügt.

2.1 Die Gewinnentwicklung enttäuscht

Ohne Wachstum finden sich die Partner der Kanzlei in einer Situation, dass der Gewinn der Kanzlei bei gleicher Kostenstruktur stetig sinkt, d.h. der Gewinn je Partner wird von Jahr zu Jahr niedriger. Die notwendige Neuausrichtung der Kanzlei, die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, eine erhöhte Effizienz bei niedrigeren Kosten und weitere Massnahmen sind im Krisenmodus ungleich schwieriger in der Gemeinschaft umzusetzen, wenn diese durch alle Partner getragen werden muss. Der Versuch, durch Änderung des Gewinnverteilungssystems die Spannungen in der Partnerschaft zu reduzieren, geht nur solange gut, solange die Über-Performer und die Unter-Performer die Ergebnisse noch akzeptieren.

2.2 Die Kanzlei erodiert, die Erfolgreichen gehen meist zuerst

Falls das fehlende Wachstum oder auch ein Rückgang des Geschäftsvolumens sich abzeichnet, wirkt sich das oftmals auf den Zusammenhalt in der Partnerschaft aus. Konflikte zwischen Partnern nehmen zu, die Partner beschäftigen sich mit sich selber, anstatt gemeinsam die Entwicklung der Kanzlei voranzutreiben, Mandantenbeziehungen werden weniger mit anderen geteilt, die Gewinnverteilung wird von den Leistungsträgern hinterfragt.

Eine oft beobachtete Konsequenz aus den negativen Entwicklungen ist, dass die Leistungsträger die Kanzlei verlassen und damit in der Regel auch die Mandantenbeziehungen, so dass sich die negative wirtschaftliche Entwicklung weiter verschärft.

2.3 Die Partnerschaft setzt sich aktiv mit der Entwicklung auseinander

In einem Weltuntergangsszenario sind die Optionen der Kanzlei limitiert, daher ist es entscheidend frühzeitig auf die Symptome zu achten, die zu diesem Szenario führen können. Auch ist es von Bedeutung sich regelmäßig mit der Entwicklung der Kanzlei und der eigenen Rolle als Partner auseinanderzusetzen. Dazu benötigt es eine intensive und geregelte Kommunikation in der Partnerschaft offen mit diesen Themen umzugehen und aktiv die Entwicklung an im Gesellschafterkreis beschlossenen Zielen zu messen. Viele Partnerschaften reden zwar regelmäßig miteinander, aber diese Kommunikation führt nicht zwangsläufig zu einem Auseinandersetzen mit den für die Kanzlei relevanten Themen. Eine Enttabuisierung ist hier wichtig, um die Entwicklung zielgerichtet voranzutreiben.

In diesem Fall ist es hilfreich, die finanzielle Entwicklung der letzten Jahre sowohl von der Umsatzseite, als auch der Kostenseite, gezielt aufzubreiten, um eine rationale Basis für Entscheidungen bereitzustellen. Dies deckt auch die Personalstruktur der Kanzlei ab, und wie diese Ressourcen – auch über Standorte und Praxisbereiche hinweg – genutzt werden.

2.3.1 Über die Anpassung des Gewinnverteilungssystems

Falls die wirtschaftliche Entwicklung nicht wie geplant verläuft, bspw. weniger Wachstum als erwartet eintritt, und neu ernannte Partner nur eingeschränkt zum Gewinn beitragen, vielleicht auch noch Mandanten zur Konkurrenz wechseln, dann reduziert sich der Gesamtgewinn der Kanzlei relativ schnell.

Die Partnerschaft kann hier die Leistungsträger halten, in dem diese über eine Anpassung des Gewinnveretilungssystems eine stärkere wirtschaftliche Anerkennung zuteil wird. Damit kann der Erosion in der Partnerschaft begegnet werden, befreit aber nicht von der Verpflichtung, sich gemeinsam aktiv mit der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung auseinander zu setzen. Im Gegenteil, oftmals ist es nur Augenwischerei.

2.3.1.1 Über die Einrichtung mehrerer Gewinnpools

Falls das Gewinnverteilungssystem selber nicht zur Klärung der Verhältnisse beitragen kann, ist es möglich über die Einrichtung von Gewinnpools die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einzelner Bereiche besser abzubilden. Dies gilt insbesondere bei MDP Kanzleien, wo Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Anwälte gemeinsam tätig sind, aber die Geschäftsmodelle und Profitabilität der Bereiche sich stark unterscheiden. Auch in Kanzleien mit wirtschaftlich zu stark abweichenden Rechtsbereichen bspw. Verkehrsrecht zu Gesellschaftsrecht, kann ein eigener Gewinnpool Verteilungsdiskussionen vermeiden. Inwieweit sich die Ansammlung unterschiedlicher Rechtsbereiche dann zur Schärfung des Marktprofils eignet, ist ein weiteres Thema.

2.3.1.2 Über den Austritt eines Teils, der bei geringeren Kosten besser wirtschaften kann, auf eine konsensuale Art

Die in einer Kanzlei beheimateten Rechtsbereiche weisen zum Teil stark abweichende Gewinnmöglichkeiten auf, bspw. Verwaltung von Markenrechten. Dieses war früher immer ein Teil der Abteilung Gewerblicher Rechtsschutz, denn die Beratung mündete manchmal in dem Schutz von Rechten. Allerdings haben diese Abteilungen, die zum Teil sehr groß geworden sind, durch spezialisierte Wettbewerber sehr großen Kostendruck erfahren, so dass es sich selten lohnt, diese Abteilungen in teuren Kanzleräumlichkeiten zu unterhalten, und die durch Technikeinsatz gegebenen Kostenreduktionsmöglichkeiten nicht einzusetzen. Hier kann es eine Lösung sein, diese Bereiche in eine wirtschaftlich selbständige Einheit auszulagern, die diese Art der Beratung / Verwaltung mit einer dafür geeigneten Kostenstruktur leisten kann. Diesen Einheiten stehen dann auch wieder Wachstumsoptionen zur Verfügung, die in dem vorherigen Konstrukt nicht möglich waren, etwa durch den Aufbau weiterer Dienstleistungen, die zur dieser Einheit passen.

3.1 Die Wettbewerbsfähigkeit vieler Kanzleien kann verbessert werden

Diese und weitere Faktoren sind der Grund, dass Kanzleien nicht mehr ausreichend wettbewerbsfähig sind in einzelnen Geschäftsbereichen. Dies ist ein Prozess, wie er auch in anderen Arten von Geschäften sichtbar ist, wenn sich einzene Märkte unterschiedlich entwickeln. Kanzleien sind als „Generalisten” eben in vielen Geschäftsfeldern aktiv, und die Herausforderung besteht darin, klare Investitions- und Deinvestitionsstrategien zu haben. Nur dort, wo die Geschäftsfelder einander bedingen, ist es sinnvoll, diese nicht voneinander zu trennen.

Die Bedrohung der Wettbewerbsfähigkeit der Kanzlei ist in vielen Facetten frühzeitig sichtbar. Dies zeigt sich in dem Verlust von Mandantenbeziehungen, weil das Angebot nicht mehr passt oder dem fehlenden Aufbau neuer Mandanten. Die Attraktivität der Kanzlei für die eigenen Mitarbeiter sinkt, auch hat die Kanzlei Schwierigkeiten gute neue Mitarbeiter zu finden. Die Anzeichen für eine sinkende Wettbewerbsfähigkeit zeigen sich früh in der Kanzleientwicklung. Es benötigt seitens der Partnerschaft die Offenheit und Stärke, sich diesen zu stellen und gemeinsam zu bewältigen. Manchmal ist es hilfreich, wenn die Botschaft von aussen formuliert wird, wie wir es als Berater oftmals tun (müssen). Denn eine Partnerschaft vermeidet oftmals die interne Auseinandersetzung, wird doch die interne Solidarität hoch geschätzt, gerade in Kanzleien mit entspr. Gewinnverteilungssystemen.

3.1.1 Das kurzfristige Gewinnstreben dominiert

Die Kanzleien erwirtschaften jährlich einen Gewinn, der bis zu 50% des Umsatzes, in einzelen Fällen auch mehr, betragen kann. Dieser Gewinn wird im Grossteil der Kanzleien komplett an die Partner ausgeschüttet, so dass kaum eine Schwankungsreserve für Zahlungsausfälle, noch Investitionen verbleibt. Die Kanzlei lebt von der Substanz zugunsten der Auschüttungen vergleichbar mit einem Investitionsstau bei Immobilien, wo die Instandhaltung / Modernisierung unterbleibt, und kommende Käufer – hier die zukünftigen Partner – das nachholen müssen. Auch berücksichtigt das Ausschüttungsverhalten selten die gestiegenen operativen Kapitalbedürfnisse durch Wachstum der Kanzlei, höhere Kosten, verändertem Zahlungsverhalten von Mandanten, die durch die externe Finanzierung und im Ausnahmefall Einlagen von Partnern abgedeckt wird. Das bisherige Geschäftsgebahren einer Anwaltskanzlei trägt also dazu bei, dass diese zu wenig zukunftssicher ist. Das ist zwar angesichts der langen Geschichte an Wachstum verständlich, aber weder notwendig noch zukunftsfest.

3.1.2 Es wird kaum in die strategische Entwicklung investiert

Die strategische Lücke in Kanzleien ist oftmals sehr groß. Zum einen wird nicht klar formuliert, für welche Art der Beratung eine Kanzlei steht, mit welcher Zielgruppe von Unternehmen sie arbeiten will oder wie das zugrundliegende Geschäftsmodell aussehen soll. Zum anderen beschäftigt sie sich nur Ausschnittsweise mit dem wirtschaftlichen, rechtlichen, technologischen und gesellschaftlichen Umfeld und seinen Auswirkungen auf die Gegenwart und Zukunft der Kanzlei.

Mandanten, die sich nicht mit Ihren Kunden, ihren Produkten / Dienstleistungen auseinandersetzen verschwinden über kurz oder lang vom Markt. Daher haben die Investoren, Anteilseigener und Banken Einsichtnahme in die geschäfltiche Situation, um hier notfalls Gegensteuern zu können. Kanzleien fehlen diese externen Impulsgeber, ja sie vermeiden sogar jede Offenheit, zumal sie Rechtskonstrukte wählen, die es auch nicht erzwingen. Daher müssen deren Partner als Unternehmer denken, handeln und zielorientiert investieren, um die Zukunftsfähigkeit der Kanzlei zu erhalten. Eine Aussensicht einzubinden erscheint notwendig.

3.1.3 Die wirtschaftliche Steuerung eröffnet neue Möglichkeiten

Eine Großzahl von Kanzleien beschränkt sich bei der wirtschaftlichen Steuerung auf Daten aus der Buchhaltung. Oftmals gibt es zwar ein Budget, was aber nur sehr eingeschränkt aufgestellt und abgestimmt ist, und daher mehr Empfehlungscharakter hat, als eine echte Steuerung darzustellen. Kennzahlen nutzen nur die größeren Kanzleien, entwickeln dabei aber immer wieder blinde Flecken, nämlich dann, wenn es darauf ankommt, kritische Fragen zu stellen. Dabei ist der Fokus zu stark auf den handelnden Personen, anstelle auf den Geschäftsfeldern und den Geschäftschancen, die hierin liegen.

Kanzleien, die ihre Ressourcen nicht ausreichend bewirtschaften und wirtschaftlich steuern, verlieren viel Zeit und damit Geld, wenn nicht ausreichend schnell gehandelt wird. Mit einem heute noch stark verbreiteten Fokus auf die Steigerung des Umsatzes, insbesondere des Partnerumsatzes, wird negiert, dass jedes neue Mandat auch einen Beitrag zum Gewinn leisten muss. Falls dies bewusst in Kauf genommen wird (neue Beziehung, neues rechtliches Gebiet usw.) muss sichergestellt sein, das der fehlende Gewinn durch andere Mandate mitgeneriert wird oder der Gesamtgewinn sinkt entsprechend.

Gerade in stark partnerschaftlich geprägten Kanzleien stellt dies eine große Herausforderung dar. Dies wird oftmals als „Vertreibung aus dem Paradies” empfunden; es ist in der Tat eine grundlegende Änderung in der Arbeitsweise, die nicht weniger partnerschaftlich und solidarisch ablaufen muss, aber sie vermeidet es, die Augen vor wirtschaftlichen Entwicklungen zu verschließen.

3.1.4 Die Kanzlei droht zu zerfallen

Eine dauernde Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit führt über die Erosion von Mandanten, Mitarbeitern und damit über fehlende Gewinne, zum Zerfall der Kanzlei, aber mindestens zum Schrumpfen auf die noch wettbewerbsfähigen Teile bzw. Abspaltungen von Bereichen bspw.Spin-Offs oder Partnerteamwechseln zu anderen Kanzleien.

4.1 Die frühzeitige Bearbeitung von Nachfolgethemen erleichtert die Zukunft

Die Partnerschaft in Kanzleien unterliegt einem dauerhaften Wandel, die Beobachtung der Alterstruktur ist hierbei von besonderer Bedeutung. Dies betrifft neben dem laufenden Management der Kanzlei – oft durch die älteren Partner – auch die Einbeziehung jüngerer Partner in die Mandatsbeziehungen der Senioren, um die Mandanten langfristig an die Kanzlei zu binden. Wenn Nachfolgethemen nicht frühzeitig im Partnerkreis besprochen werden, verlieren alle Beteiligten die möglichen Handlungsspielräume, was sich auch negativ auf die Entwicklung der Kanzlei und das Bild im Markt auswirken kann.

4.1.1 Die Senioren punkten durch Erfahrung

Oftmals fällt es gerade der Gründergeneration schwer, die Verantwortung für die Kanzlei / die Mandanten mit anderen Partner zu teilen bzw. ganz loszulassen. Was auf den ersten Blick bequem erscheint – die Senioren sind ja erfahren – kann schnell umschlagen, da diese sich mitunter eher an der erfolgreichen Entwicklung der Vergangenheit und weniger an den heutigen / zukünftigen Wettbewerbsbedingungen orientieren. Langfristig beschädigen die Senioren die Reputation der Kanzlei und damit auch ihr Vermächtnis.

Daher ist es wichtig, dass in der Partnerschaft frühzeitig über Zukunftspläne der Senioren gesprochen wird, um die Nachfolge organisieren zu können und Konflikte in der Entstehung zu vermeiden.

4.1.2 Die Junioren zeigen Reife

Den jüngeren Partnern in der Kanzlei fehlt es oftmals an Mut, die Initiative zu ergreifen und so Erfahrung für die Führung der Kanzlei / der Mandanten zu sammeln. Falls ältere Partner ausscheiden, entsteht ein Vakuum in der Kanzlei, welches die Jüngeren manchmal nicht ausreichend füllen können.

Die Senioren können die jüngeren Partner nur eingeschränkt ermutigen, die Initiative muss von diesen selber kommen, um dem Status eines Unternehmers auch gerecht zu werden. In diesem Prozess ist es hilfreich wenn die jüngeren Partner auch externe Hilfsangebote bspw. durch ein Coaching nutzen, was ihnen hilft, Klarheit über ihre heutige und zukünftige Rolle in der Kanzlei zu finden. Je eher eine Kommunikation der gegenseitigen Erwartungen und Befürchtungen zwischen Junioren und Senioren stattfindet, desto besser ist das gegenseitige Verständnis ausgeprägt und desto zielgerichteter das Miteinander.

4.1.3 Nachfolge findet sich auch im Markt

Neben der internen Fortführung der Kanzlei, steht auch immer der Verkauf der eigenen Anteile als Option zur Verfügung. Hier hat sich ein Markt für die Kanzleinachfolge nur im unteren Segment des Marktes etabliert. Die Wahrscheinlichkeit einen externen Käufer zu finden oder Partner zu überzeugen ist im Markt derzeit immer geringer, da es weder das eine noch das andere im Überfluß gibt, insbesondere ausserhalb der großen Städte.
Hier gilt es auch ein realistisches Bild von der Kanzlei und dem inhärenten Potential zu entwickeln, da ansonsten die Preisvorstellungen nicht dem Potential entsprechen. Gerade für die jüngeren Partner ist es wichtig, auf Basis realistischer Preisvorstellungen, in Verhandlung mit den Senioren zu treten.

4.2 Aus einer Strategiekrise wird, wenn nicht gehandelt wird, eine Ertragskrise, die dann in eine Liquiditätskrise mündet

Die vorgenannten Einflüsse können der Entwicklung einer Kanzlei nachhaltigen Schaden zuführen. Die Sicherung der nachhaltigen Wettbewerbsfähigkeit kann nur gelingen, wenn die Kanzlei für sich geeignete Strategien im Umgang mit den wirtschaftlichen Entwicklugnen in den einzelnen Geschäftsfeldern findet und konsequent umsetzt. Eine Strategie ist in regelmäßigen Abständen zu hinterfragen, sie ist ein Lernprozess, inwieweit sich eine Kanzlei noch im Einklang mit den Anforderungen des Marktes, der Mandanten und dem Wettbewerb befindet.

Kanzleien, die weder eine eindeutige Strategie haben, noch diese regelmäßig überprüfen, weisen kein Wachstum auf und entwickeln sich schlechter als der Wettbewerb. Ein Verweilen auf der aktuellen Marktposition ist ein Rückschritt, da sich die Wettbewerber verändern. Je länger das Gegensteuern verzögert wird, desto wenigere Handlungsoptionen stehen zur Verfügung und umso radikaler sind diese dann ausgeprägt.

Das fehlende Wachstum wirken sich negativ auf die Ertragssituation aus, da die Kosten meist weiter steigen. Die Gewinne der Partner stagnieren oder gehen zurück, und die Unzufriedenheit in der Kanzlei nimmt zu. Spätestens jetzt nimmt die Kanzleikultur nachhaltigen Schaden, was ja eigentlich vermieden werden sollte. Wird jetzt nicht gehandelt, kommt es mittelfristig zu einer angespannten und andauernden Liquiditätskrise, die die Existenz der Kanzlei bedrohen kann. In Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ist diese Situation bereits eingetreten; hier sind die Erträge so stark unter Druck, dass Gewinne teilweise nicht mehr ausgezahlt werden können.

Die Kanzlei läuft Gefahr, in einen Teufelskreis zu gelangen, der zu einer Situation führt, in der erst Verzicht der Partner auf Entnahmen, dann sogar Kapitaleinlagen der Partner gefordert werden. Die Zeit wird immer knapper, um gegenzusteuern. In der Partnerschaft ist es zu diesem Zeitpunkt meist zu personellen Überwerfungen gekommen, Schuldzuweisungen werden gemacht, die Handlungsunfähigkeit nimmt zu.

5.1 Der „Zeitgeist” als Bedrohung anwaltlichen Selbstverständnisses

Neben strategischen, finanziellen und operativen Fragen, wird die Marktposition einer Kanzlei vermehrt von allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklungen und in der Wissenschaft diskutierten Trends beeinflusst. Hier fällt es schwer, zwischen Entwicklungen, die tatsächtlich den Markt für anwaltliche Dienstleistungen beeinflussen und vermeintlichen Trends, die aus anderen Wirtschaftsbereichen hineinragen (bspw. die Nutzung von Technologie hin zur digitalen Kanzlei), abzugrenzen.

Der wichtigste Trend ist, jener, der den Anwälten eine Sonderrolle, und damit Privilegien in der Gesellschaft, verweigert. Anwälten seien „wie ganz normal Unternehmen”. Damit wird der wichtige Beitrag, den Anwälte zur Sicherung von Vertrauen in der Gesellschaft leisten, nicht mehr honoriert. Anwälte stehen im Wettbewerb mit der Politik und mit den Journalisten, die beide meinen, hier eine Sonderrolle einzunehmen. Auch wird durch die Privatisierung staatlichen Handelns die Rolle der Juristen als Gegenpol staatlicher Willkür als weniger notwendig erachtet, zumal in weit entwickelten Gesellschaften. Dem steht zwar die Beobachtung entgegen, dass es auch in westlichen Gesellschaften nicht selten staatliche Willkür gibt, Teile der Gesellschaft keinen Zugang zu Recht mehr haben oder die Liberalisierung eben nicht zu Teilhabe aller an Wohlstand führt. In einigen Ländern der Erde sind Anwälte nach wie vor die einzigen, die überhaupt noch Vertrauen verdienen (etwa: asiatische, osteuropäische und afrikanische Staaten, in denen Politik und Verwaltung inkl. Justiz korrumpiert sind). Aber dies ändert nichts an dem Trend.

Anwälte können sich nicht mehr darauf verlassen, selbstverständlich den Schutz der Gesellschaft zu erhalten, sondern müssen sich ihre Stellung jeden Tag erarbeiten.

5.1.1 Partnerschaft als Rollenmodell wird angegriffen

Der Partnerschaft als das Rollenmodell wurde schon oft das Ende prophezeit, doch nun werden die organisatorischen Nachteile immer offensichtlicher. Was sich verändert hat, ist zum einen die verringerte Chance für Anwälte, es einmal zum Partner zu schaffen, zum anderen die Anforderungen an eine Partnerschaft. Die o.g. genannten Nachteile sind in der Steuerung dieser Organisationen wirkliche Nachteile, die sich zu Wettbewerbsnachteilen gegenüber alternativen Anbietern entwickeln.

Die Einführung sog. alternativer Karrierewege resultiert zum einen aus der Tatsache, das die Kanzleien nicht mehr so stark wachsen (ergo die Zahl der Partner auch nicht mehr so stark wachsen kann, ohne die Gewinne zu verwässern). Zum anderen, weil nicht alle Anwälte auch aus unterschiedlicher Motivation (Work Life Balance, Schwerpunkt soll fachliche Arbeit sein,..) eine Partnerschaft anstreben. Die Kanzleien bieten inzwischen über die Etablierung von Karrierestufen unterhalb des Partners (benannt dann Counsel, Assoziierter Partner, Salary Partner,..) auch diesen qualifizierten Anwälten eine Alternative, ohne diese an den Wettbewerb zu verlieren, auch wenn im Hinterkopf eigentlich eine „Verbeamtung” einzelner nicht gewünscht ist.

Das Rollenmodell des unternehmerischen Partners steht daher unter Druck. Die Herausforderung besteht darin, denjenigen die Partnerschaft zu bieten, die die Fortführung der Kanzlei absichern, zum anderen aber auch wechselnden Prioritäten wie bspw. Familienzeit oder Teilzeit, Rechnung zu tragen.

5.1.2 Alle reden von Disruption (auch wenn sie noch gar nicht da ist)

Die Disruption im Rechtsmarkt ist ein weiterer Trend, der die Schlagzeilen beherrscht, allerdings ist dieser bisher kaum wahrnehmbar. Die Auswirkungen auf das Geschäftsmodell gerade mittelständischer Kanzleien sind bisher nicht spürbar. An den Rändern des Anwaltsmarktes tritt die Disruption vereinzelt auf durch den Eintritt neuer Marktteilnehmer wie Xenion oder Lawyers on Demand, aber diese haben sich noch nicht im breiten Markt durchgesetzt.

Ob die hier erwartete Disruption verglichen werden darf mit dem Einzug des Personalcomputers in einen breiten Markt, der durch Grossrechner dominiert war, ist noch offen. Je einfacher, leichter, bequemer, erreichbarer und erschwinglicher die anwaltlichen Dienstleistungen ausgestaltet sind, desto wahrscheinlicher findet gleichwohl Disruption statt. Im Bereich standardisierter anwaltlicher Dienstleistungen mit hohem Volumen / niedrigem Mehrwert (hier als Produkt verstanden), wie einfache Kaufverträge, AGBs, Anleihendokumentationen gibt es bereits vielfältige Anbieter. Deren Nutzung wird meist nach Krisen stärker beobachtet, weil die Bereitschaft zum Ausprobieren steigt.

Erfolgreiche Disruption hat bisher in vielen Märkten wie Handel (Amazon), Software (Microsoft), Unterhaltungselektronik (Apple), Gastlichkeit (Airbnb), Transport (Uber), Soziale Medien (Facebook) und anderen stattgefunden, im Anwaltsmarkt wartet man noch.

5.1.3 Legal market ist ein Diskussionsthema geworden, wo jeder mitreden darf

Der Status des Rechtsmarktes wird von vielen Seiten intensiv begleitet, leider in vielen Fällen ohne ein tieferes Verständnis desselben. Im Markt herrscht daher eine hohe Unsicherheit, welche Entwicklungen dominieren werden, und wie sich diese auf die eigene Kanzlei auswirken. Da der Markt für anwaltliche Dienstleistungen sehr segmentiert ist, bspw. Fokussierte vs. Generalistisch geprägte Kanzleien, gibt es den „Markt” nicht, sondern die in diesem Teil aktiven Kanzleien die miteinander im Wettbewerb stehen, sowie mit Kanzleien angrenzender Segmente, die in bestimmte Mandatsbeziehungen einbrechen wollen.

Ohne eine genaue Kenntnis zum einen der bestehenden Segmente, als auch der dort aktiven Kanzleien, lassen sich kaum werthaltige Aussagen zur Marktentwicklung tätigen.

Häufig werden diese Trends von einigen Unternehmensberatungen als das „neue Ding” im Markt aufgerufen, ohne die eine Weiterentwicklung nicht möglich erscheint. Es gilt gut abzuwägen, was wirklich relevant ist für eine Kanzlei, um als Unternehmung am Markt zu bestehen. Genauso wenig wie einfache ökonomische Rezepte immer taugen, genauso wenig ist jeder Trend schon gleich bedrohlich. Eine Beschäftigung mit diesen Themen ist aber trotzdem sinnvoll, ohne sich diesen gleich komplett zu verschreiben.

5.1.4 Legal Tech ist der neue Wettbewerbstreiber

Legal Tech ist eines der „Buzz Words”, das die Branche umtreibt, zwar bisher kaum in Europa, dafür vermehrt in den USA und UK, wo kräftig in entsprechende Anbieter investiert wird. Legal Tech als Ableitung für die Technologie – gerne disruptiv – für den Anwaltsmarkt, wie es die sog. „FinTech” für die Finanzindustrie oder „InsuranceTech” für die Versicherungsindustrie sind.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt hat Legal Tech noch wenig Durchdringung im Markt, auch wenn e-discovery, automatisierte Dokumentendurchsicht in due dilligence Verfahren oder automatisiertes Vertragsmanagement bereits Einsatz finden, die Nutzung künstlicher Intelligenz findet hier breite Nutzung und wird weiterentwickelt.

Die Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit von Kanzleien werden immens sein. Das Tätigkeitsprofil von Anwälten wird sich verändern. Aber Veränderungen bringt auch immer Chancen mit sich, da auch neue Berufsfelder entstehehen wie Legal Project Manager die komplexe Mandate mit einer Vielzahl von Beteiligten (Menschen, Dienstleister und Software) koordinieren, während einfache Sachbearbeitung automatisiert abläuft.

Dies ist sicherlich vergleichbar mit dem Prozess der Buchhaltung, wo es anfangs undenkbar war, dass Belege automatisch kontiert werden können. Der Entwicklung von Scannern und entsprechender Lesesoftware sei Dank, dass der Buchhalter nicht mehr nur bucht, sondern heute nur noch mehrheitlich für die Qualitätssicherung verantwortlich ist.

6.1 Herausforderung: unbalanced:change mit hohen Prozessunsicherheiten

Die Veränderung wird kommen. Veränderung ist hier als Chance zu verstehen, nicht als Bedrohung, daher ist unter Beteiligung aller Betroffenen die Veränderung zu gestalten.
Die gegenläufigen Themen, einerseits der Bedarf der Restrukturierung der Unternehmung, andererseits jener nach Innovation und Verbesserung, sind während des laufenden Geschäftes zu gestalten. Das ist sicherlich die größte Herausforderung, die wir als „unbalanced:change” beschreiben.

Einige dieser Veränderungen sind in den standardisierten Prozessen abzubilden, da es ansonsten zu einer Vielzahl von Herangehensweisen führt, die die Veränderung obsolet machen. Andere Veränderungen führen zu internen Verwerfeungen und Lernprozessen, die Zeit brauchen, um verarbeitet zu werden. Daher ist ein Projektmanagement unbedingt nötig, um dies so zu steuern, dass weder Missmut noch Euphorie zu stark sind, und vom eigentlichen ablenken.

Hier ist strikt auf die Einhaltung der Prozesse zu achten, kommunikativ zu begleiten und die mit den neuen Prozessen gemachten Erfahrungen mit allen Betroffenen zu teilen. Dies führt in der Regel zur Anpassung der definierten Abläufe und damit auch zur größeren Akzeptanz.
Falls dies nicht geschieht, ist das Investment in die „neue” Kanzlei gefährdet und verunsichert die Organisation nachhaltig.

6.1.1 Gleichzeitig Restrukturierung

Die Veränderung bringt Chancen, bestehende Abläufe zu hinterfragen und diese auf die veränderten Markt-/Wettbewerbsbedürfnisse anzupassen. Dies fordert der Organisation viel ab, bindet Ressourcen und muss von der Partnerschaft aktiv mitgetragen und kommuniziert werden. Hier kann es hilfreich sein, gemeinsam mit Beratern diese Veränderung zu begleiten, da hier einschneidende Veränderungen in der Organisation stattfinden und Veränderungen auf Ansage nicht funktioniert.

Die Restrukturierung eröffnet Chancen, das Geschäftsmodell den neuen Wettbewerbserfordernissen anzupassen und die Organisation stärker auf die rechtliche Problemlösung für Mandanten auszurichten.

6.1.2 Und Innovation / Business Development anstoßen

Neben den organisatorischen Veränderungen geht es auch um die Innovationsfähigkeit der Kanzlei, der Fähigkeit am Markt neue Dienstleistungsangebote zu positionieren und damit die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Diese Innovationsbemühungen sind in ein ganzheitliches Business Development Konzept einzubinden, welches den Innovationsprozess für die Partner koordiniert, begleitet und den Marktauftritt der Kanzlei daraufhin anpasst. Je stärker das Business Development in die laufenden Mandantenbeziehungen eingebunden ist, desto passgenauer und abgestimmter können Bindungs –und Innovationsprozesse gestaltet werden. Die Partner müssen hier eingebunden sein, da ihre Erfahrungen und das Wissen um Mandantenbedürfnisse der Schlüssel sind, um Innovation zu initiieren.

6.2 Restrukturierung

Die Restrukturierung von Kanzleien baut auf einer substantiven Analyse der wirtschaftlichen Situation auf. Diese beinhaltet neben der Analyse der finanziellen Situation, auch die der Personalstruktur, des Dienstleistungsangebotes, des Mandantenportfolios, der Kanzleiprozesse und Governance.

6.2.1 Wettbewerbsvergleich relevant (ie Wirtschaftlich)

Ein Wettbewerbsvergleich nach verbreiteteten Kennziffern des Marktes bspw. über den UBT (Umsatz je Berufsträger) als Ausdruck der Leistungsfähigkeit der Beruftsträger oder über den UEP (Umsatz je Equitypartner) als Annäherung für die Fähigkeit der Partner zur Akquise, hilft der einzelnen Kanzlei ihre eigene Wettbewerbsposition besser zu verstehen.

Falls die Wirtschaftlichkeit und damit die Fähigkeit ausreichende Gewinne zu erzielen im Vergleich zum Wettbewerb nicht gegeben ist, dann sind in der Kanzlei Massnahmen zu ergreifen, die wieder auf einen profitablen Pfad führen. Kanzleien, die Ihre Wirtschaftlichkeit regelmäßig beobachten, bspw. über die Nutzung der Ressourcen (Auslastungskennziffer), die Abrechenbarkeit des geleisteten Aufwandes oder auch den Deckungsbeitrag der Mandate / Mandanten, sind hier im Vorteil, weil die Symptome sich frühzeitig abzeichnen.

6.2.2 Kapitalsituation prüfen, ie Kapitalkonten (insb.wenn nicht laufend gebucht!)

Die Kapitalkonten stellen das Betriebskapital der Kanzlei dar und sind zeitnah zu pflegen, dies gilt insbesondere für die laufenden Entnahmen und die Bestimmung der möglicher weise notwendigen Einlagen.

Die Entnahmen sind im Gesellschafterkreis abzustimmen und zu authorisieren, dabei spielt die Entnahmepolitik eine wichtige Rolle. Sie legt fest, auf Basis des geplanten Gewinnes, wie hoch die Vorabentnahme ist und wieviel Liquidität mindestens in der Kanzlei verbleiben muss, dies im Abgleich mit der tatsächlichen Entwicklung. Falls es hier zu kreditfinanzierten Entnahmen kommt, sind diese sehr kritisch zu hinterfragen, da diese in der Zukunft erst erwirtschaftet werden müssen.

Bei der Aufnahme neuer Partner ist zu beurteilen, wie diese in die Kanzlei aufgenommen werden. Im Falle von naked-in / out besteht keine Verpflichtung zur Einlage von Betriebskapital, andernfalls ist diese entsprechend des Gewinnanteils zu leisten.

6.2.3 Trennung von Mandanten / Bereichen / Standorten

Die Analyse des Mandants / Mandantenportfoilios bringt Klarheit mit welchen Mandanten man in der Vergangenheit tätig war, welche Dienstleistungen hier erbracht wurden und wie sich diese Beziehungen entwickelt haben. In vielen Kanzleien hat sich gezeigt, dass mit 20% der Mandanten 80% des Umsatzes getätigt werden, die Abhängigkeit von einigen wenigen Mandanten ist also groß. Die Analyse kann auch zeigen, dass die Kanzlei mit bestimmten Mandanten zwar langjährige Beziehungen etabliert hat, diese aber nur wenig zu den Gewinnnen beitragen. Auf dieser Basis können auch die einzelnen Rechtsbereiche auf Ihren Beitrag zum Gewinn untersucht werden, wobei hier auch Abhängigkeiten zwischen Bereichen existieren. Mit einem Abgleich beider Ebenen ist das gewonnene Bild ausgewogen.

Viel wichtiger ist die Übereinstimmung des Dienstleistungsangebotes / des Mandantenportfolios mit der eingeschlagen Strategie und angestrebten Marktpositionierung. Die angestrebte Übereinstimmung führt dann zu einem fokussierteren Angebot, wobei hier bisher angebotene Dienstleistungen dann wegfallen können. Gleiches gilt für Mandanten, die damit nicht mehr bedient werden können, weil die Kanzlei in der neuen Form, nicht mehr zu den Mandanten passt und auch weil diese Raten zur Gewinnabsicherung verlangen muss, die dem Mandanten zu hoch sind. Von dieser Entwicklung können auch Standorte betroffen sein, die die Kanzlei nicht mehr aufrechterhalten kann, weil diese subventioniert sind und nur wenig zur Positionierung im Markt beitragen.

Gerade bei fusionierten Kanzleien finden sich viele Beispiele für die aufgeführten Entwicklungen, die nicht immer sofort, sondern über einen Zeitraum eintreten.

6.2.4 Exkurs : Transformation von Linklaters Oppenhoff & Rädler zu Linklaters LLP

Der Markteintritt von Linklaters in den deutschen Markt in 2001 war ein von vielen Fusionen zu Beginn des neuen Jahrtausends. Hier begann die Verschmelzung von deutscher und englischer Kanzleikultur, die heute in international aufgestellten Kanzleien mehr englisch als deutsch ist; die aber auch viel Wachstumspotential mit sich gebracht hat.

6.2.4.1 Anpassung der Dienstleistungen

Die Dienstleistungspalette von Linklaters wurde in den Jahren seit der Fusion stark auf den Fokus Gesellschaftsrecht und Kapitalmarkt ausgerichtet, ergänzt durch zugeordnete weitere Rechtsgebiete, die aber transaktionsnah geprägt sind.

Dies hat auch dazu geführt, das die Zahl der Partner in den Nicht Fokus Bereichen deutlich reduziert wurde, so dass bspw. das Steuerrecht – ehemals prägend für Oppenhoff & Rädler – auf transaktionsnahe und kapitalmarktnahe Elemente konzentriert wurde. In diesen Bereichen sind die Partner am ehesten in der Lage, die Profitabilität zu erreichen, die die Kanzlei erwartet.

Dies gilt ebenso für viele andere Bereiche des „commercial law”, wie Wettbewerbsrecht, Arbeitsrecht, Immobilienrecht oder IT Recht.

6.2.4.2 Ausgliederung Diensteistung – Jonas Rechtsanwälte im Markenrecht

Neben der Anpassung der Dienstleistung intern auf ein der Unterstützung angemessenes Maß wurden einzelnen Bereiche, die von dem Geschäftsmodell her nicht mehr zur Kanzlei passten, ausgegliedert. Dies wurde mit dem Bereich Markenrecht / Markenverwaltung unter dem Namen Jonas Rechtsanwälte umgesetzt, damit konnte diese Dienstleistung eigenständig mit einem dafür angepassten Kostenniveau betrieben werden. Investitionen in den Bereich wurden möglich, da es keine hohen Kosten mehr gab und die Partnerschaft als Instrument der Mitarbeiterbindung wieder möglich wurde.

6.2.4.3 Ausgliederung Standorte – Kinstellar (Osteuropa)

Die regionale Expansion machte solange Sinn, wie die Geschäftsmöglichkeiten Wachstum versprachen. Im Falle Osteuropas war die Zeit 1989 nach dem Fall des eisernen Vorhangs dafür prädestiniert, allerdings entsprach das Vergütungsniveau nur dann dem internationalen Massstab, wenn es sich um Investitions-Geschäfte handelte. Mit dem Rückgang der Investitionen wurde diese Region aus dem Fokus genommen und die osteuropäischen Standorte wurden 2008 unter dem Namen Kinstellar als eigenständige Kanzlei neu am Markt positioniert. Mit dieser klaren regionalen Ausrichtung und dem dafür geeigneten Kosten -und Profitabilitätsniveau hat, sich diese Kanzlei klar positioniert und expandiert heute weiter in der Region (Belgrad, Istanbul, Almaty, Sofia und Kiew).

6.2.4.4 Verlagerung Standorte – Schliessung Köln, Eröffnung Düsseldorf

In einzelnen Fällen führen Fusionen auch zu einer revidierten Standortpolitik. Hier wurde neben dem Bekenntnis zum Fokus auf transaktionsorientiertes Gesellschaftsrecht einer der historischen Oppenhoff Standorte 2008 zu Gunsten einer Neueröffnung in Düsseldorf mit Quereinsteigern geschlossen. Der Fokus von Linklaters wurde mit dem Standort Düsseldorf ganz auf Linie mit der Ausrichtung transaktionsorientiertes Gesellschaftsrecht mit der physischen Nähe zum Industriestandort Düsseldorf in Einklang gebracht. Dier Kanzleikultur wurde insofern weiter homogenisiert, da nur die Mitarbeiter wechselten, die hier eine Perspektive sahen.

Der Kölner Standort wurde dann der Nukleus für eine neue, jetzt unabhängige Kanzlei, Oppenhoff & Partner, die die unternehmerische Tradition der alten Oppenhoff Kanzlei fortführt. In 2013 wurde dieser Gedanke mit der Eröffnung eines zweiten Standortes in Frankfurt fortgesetzt.

7.1 Sanierung

Die Sanierung einer Kanzlei baut auf den Erkenntnissen der Restruktierung auf, die Elemente der Kanzlei, die Potential versprechen, werden fortgeführt, andere eingestellt. Neben dieser Radikalsanierung kann aber auch im laufenden Betrieb viel erreicht werden, ohne gleich an die Substanz der Kanzlei zu gehen. Hierzu ist es aber erforderlich sich laufend mit der Wirtschaftlichkeit und der Positionerung der Kanzlei zu beschäftigen, um Fehlentwicklungen zu vermeiden.

Wir unterscheiden hier in kurzfristigen, mittelfristigen und langfristigen Massnahmen.

7.2 Kurzfristig: Ressourcenoptimierung / Kostenkontrolle

Als kurzfristige Massnahmen sehen wir solche an, die mit der bestehen Personalstruktur, IT Struktur und dem bestehen Geschäftsmodell, eingeleitet werden können. Meist führen diee Massnahmen zur unmittelbaren Verbesserung des Ergebnisses, teils auch in einem verbesserten Marktauftritt.

7.2.1 Prüfung Mandate / Mandanten: unprofitable kritisch betrachten

Die Prüfung des bestehenden Mandanten -und Mandatsportfolios muss auf den Ergebnisbeitrag hin untersucht werden. Mandate die keinen Deckungsbeitrag bringen sind swoeit möglich einzustellen, bzw. auf das Gesamtergebnis mit dem Mandanten zu beobachten.

Falls Mandate nur mit Verlust bearbeitet werden können, sind diese baldmöglichst abzuschliessen, um den verlust zu minimieren. Gleichzeitig sollte eine Nachverhandlung über die Honorarhöhe / die eigesetzten Ressourcen mit dem Mandanten angestossen werden.

Ferner ist der Mandatsannahmeprozess zu überarbeiten, um im Vorfeld der Annahme bereits den erwarteten Deckungsbeitrag bestimmen zu können.

7.2.2 Kostenkontrolle und Liquiditätssicherung

Die Kostenstruktur der Kanzlei kann aus der Buchhaltung und der BWA abgeleitet werden, ein Grossteil der Kosten entfällt hier auf das Personal (Berufsträger und Business Services) was nur mittelfristig beeinflussbar ist. In den Personalkosten sind aber auch externe Dienstleister (Freiberufler, nicht angestellte Anwälte, …) enthalten, deren weitere Beschäftigung hinterfragt werden sollte.

Alle vertraglichen Bindungen sind zentral zu erfassen und auf den fortführbaren Nutzen / wettbewerbsfähige Konditionen hin auszuwerten. Hier sollten schlecht verhandelte Verträge gekündigt werden und neue Angebote eingeholt werden. Grundsätzlich ist das der Startpunkt, das neue Service Level Niveau der Kanzlei zu bestimmen, um die Anbieter zu identifiezieren, die diesen Service level mit dem besten Kosten / Qualitätsmix anbieten können.

Falls die Kanzlei Liiquiditätsprobleme haben sollte, kann zur unmittelbaren Sicherung mit der Bank eine höhere Zwischenfinanzierung vereinbart werden, bzw. zusätzliche Einlagen der Partner eingefordert werden. Eine fortgeführte Entnahme ist im Hinblick auf die Liquiditätssituation zu überprüfen und ggfs. anzupassen.

7.2.3 Ressourcensteuerung

Die Zeiterfassung der Berufsträger ist auf zeitnahe und vollständige Eingabe zu prüfen, da hier aus der Erfahrung heraus ca. 10-15% an zusätzlichen, abrechenbaren Stunden möglich sind. Daraus resultieren meist 15 % msat, und bei 50 % Gewinnquote bedeutet dies eine Verdoppelung des Gewinnes. Die Sanierung ist daher schnell wirtschaftlch möglich, wenn die Kanzlei nicht bereits in einem Teufelskreis gefangen ist.

Die Berufsträger sind hier eng zu führen und die Zeiterfassung ist verbindlich zu gestalten.

7.3 Mittelfristig: Investition in Branding / Governance

Mittelfristig ist die Positionierung der Kanzlei am Markt und gegenüber dem Wettbewerb zu stärken. Ein Instrument hierzu ist ein Branding über eine Komminkationsagentur, was die Kanzlei im Markt differenziert und was sie unverwechselbar macht. Dieser Prozess ist neben den Printmaterialen (Visitenkarten, Briefppapier, Broschüren) auch über die Neugestaltung der Webseite zu verstärken, da sich viele Mandanten auch über die Webseite – neben persönlichen Empfehlungen – ein Bild machen.

Die Governance in der Kanzlei dient der Etablierung einer Regelkommunikation in der Kanzlei, wie auch der effektiven Steuerung durch klare Verantwortlichkeiten. Dies erleichtert die Führung der Kanzlei und deren Ausrichtung auf den Markt / Wettbewerb.

7.3.1 Geschäftsfeldoptimierung: Wertefokussierung

Die zentrale Frage, die auch den Rechtsmarkt prägt, ist, wie und wodurch der Mandant eine Leistung erhält, die ihm nützt. Daher sind die Geschäftfelder der Kanzlei nach der Frage auszurichten, was einen Merhwert bringt. Dies kann eine einfache Refokussierung der Art und Weise der Dienstleistungserbringung sein, etwa durch Vereinfachung bestimmter Abläufe, oder Kombination von fachlicher Expertise. In anderen Geschäftsfelder ist es komplizierter, etwa weil Anforderungen der Mandanten sich verschoben haben. So sind etwa die Netzwerke, die Anwälte haben und einbringen können, manchmal von größerem Wert für den Mandanten als die fachliche Kompetenz; hierfür fehlt es aber oftmals sowohl an Bewußtsein, als auch an Abrechnungsprozessen, die diesen Wert abbilden.

Ein Beispiel ist etwa die Patentanwaltlche Tätigkeit: schon lange sind die reinen Anmeldungstätigkeiten nur noch „Commodity”; die Frage ist also, was brauchen die Mandanten, um mit ihren Portfolios an Patenten arbeiten zu können. Hier sind zBsp. Patentstrategien sinnvoll, und die Clusterung der Patente nach der entsprechenden Strategie. Oder eine Evaluation, welche Patente langfristig keinen Beitrag zum Unternehmenserfolg mehr leisten werden, weder als Schutzrecht, noch als Wirtschaftsgut, etwa für Lizensierungen. Patentanwaltskazleien müssen also auf einmal ihr Dienstleistungsangebot erweiteren, oder die dafür entsprechende Kompetenz einkaufen.

7.3.2 Business Development

Das Business Development kann kurzfristig unterstützen, indem die Bestandsmandanten auf weiteres Geschäftspotential hin untersucht werden. Dabei gilt es die bestehenden Kontakte in der Partnerschaft zu teilen und gemeinschaftlich für weitere Beauftragungen zu werben.

Die Partner können ferner stärker von Routineaufgaben entlastet werden, und können somit mehr Zeit für die die Festigung der Mandantenbindung und abrechenbare Sachverhalte aufwänden.

Das Business Development Budget speziell für Veranstaltungen kann auf Optimierungsmöglichkeiten geprüft werde, welche Veranstaltung die Positionierung der Kanzlei verstärkt und welche, wo der Zeit –und Kostenaufwand in keinem Verhältnis zum möglichen Ertrag steht, bspw. stimmt die erreichbare Zielgruppe mit der der durch die Kanzlei definierte Kanzlei über ein?

7.4 Langfristig: Skillaufbau

Langfristig gilt es die Kanzlei als qualitativ hochwertigen, lösungsorientierten, mandantenzentrierten Anbieter von anwaltlicher Beratung zu positionieren. Die Berufsträger sind in ihrer Weiterbildung auf diese Art der Beratung zu fokussieren, die Partner sind als Unternehmer aufzustellen und entsprechend weiterzubilden.

Dies deckt auch Bereiche wie Personalentwicklung, Vertrieb und Projektmanagement ab, mittels derer die interne Ausbildung weitewr professionalisiert wird, als auch dem Mandanten ein Servicepaket neben der eigentlichen Beratung angeboten werden kann.

8. Zusammenfassung

Die dargestellten Veränderungen bieten Chancen, sowohl für die Kanzlei als Organisation, als auch für den Anwalt als Partner oder Associate als Teil dieser Kanzlei.

Die Kanzlei als Organisation muss den Anwälten ein Umfeld bieten, in dem diese die besten Bedingungen für ein professionelles, auf Wachstum ausgerichtetes Arbeiten vorfinden. Die Kanzlei muss für Prozesse sorgen, die die strategische Entwicklung der Kanzlei, der angebotenen Dienstleistungen und der Anwälte sicherstellen.

Genauso sind aber auch die Anwälte gefordert, sich den veränderten Markt –und Wettbewerbsbedingungen anzupassen, damit diese in der Kanzlei nachhaltig erfolgreich sein können.

Für Partner bedeutet das sich insbesondere mit dem Rollenbild des Partners und den veränderten Anforderungen der Mandanten, wie auch der Erbringung von Rechtsrat als Teil der anwaltlichen Dienstleitung auseinanderzusetzen. Für Associates bedeutet dass insbesondere die notwendigen Fähigkeiten aufzubauen, die eine nachhaltig, erfolgreiche Tätigkeit in der Kanzlei ermöglichen. Es gilt ebenso, dass neben dem bisherigen Karriereziel der Partnerschaft auch Alternativen in Betracht gezogen werden, und diese aktiv in die Organisation einzubringen. Die Kanzlei als Organisation widerrum hat die Herausforderung, die verschiedenen Sichtweisen auf eine erfolgreiche anwaltliche Tätigkeit zu bündeln, zu integrieren und sicherzustellen, dass diese den ökonomischen und sonstigen Erwartungen der Partner genügt.



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