Tiefgang: Re-Merger von Kanzleien, oder: von der Dachmarke zu wirklich integrierten Kanzleien

Traditionelle, partnerschaftlich organisierte Kanzleien organisieren sich immer zu minimalen Kosten. Daher sind sie im Gegensatz zu anderen Professionen so profitabel. Das ging auch so lange gut, solange der Wettbewerb sich auch nicht anders verhalten hat.

Im deutschen Markt der Wirtschaftskanzleien ist mit dem Auftreten angelsächsischer Kanzleien ein ganz anderer Ansatz gewählt worden: es wird gezielt investiert, um eine bessere Ausgangslage im Wettbewerb zu bekommen. Deutlich wird das u.a. bei der Rekrutierung von Quereinsteigern in die Partnerschaft: während traditionelle Kanzleien auf zufällige Zugänge, und die Nutzung informeller Netzwerke zur Ansprache von potentiellen Partner in anderen Kanzleien genutzt wird, um das Angebotsportfolio abzurunden, gehen angelsächsische Kanzleien gezielt vor, und investieren Gelder in die Rekrutierung, u.a.  in Rekrutierungsagenturen. Das kosten idR. 25-30 % des Jahresentnahme eines Partners, also idR. fast den vollen Gewinn, den ein Partner im ersten Jahr einfährt. Eine Verabredung eines entsprechenden Businessplanes, die Prüfung der angegebenen Referenzen und des damit verbundenen „portablen Geschäfts“ und die konsequente Bewertung und Einstufung im Gewinnverteilungssystem ist da nur eine logische Folge.

Dies alles führte dazu, dass angelsächsische Kanzleien oftmals schneller Positionen besetzen, Mandate erobern und Kompetenzen abringen konnten. Und Schnelligkeit ist im Wettbewerb eine nicht unrelevante Größe. Nun kommen mit Legal Tech neue Wettbewerber und Dienstleister in den Kanzleimarkt, und wieder geht es um Investitionsverhalten und -bereitschaft.

Traditionelle Kanzleien in Deutschland (anders als etwa in Österreich, oder zum Teilen in der Schweiz) haben hingegen lieber eine Dachmarke verabredet, unter der sich dann die alten Kanzleien versammelt haben, oftmals mit nur einem sehr schwachen Management und teilweise sogar ohne gemeinsames Gewinnverteilungssystem (immerhin 6 der nationalen Kanzleien sind so strukturiert, und 7 der internationalen Kanzleien unter den Top 100 Kanzleien nach Juve.de). . Diese Kanzleiverbünde, oder Allianzen, werden im Markt unterschiedslos mit den anderen Kanzleien genannt, aber aufgrund der fehlenden Integration nach Innen ist ihre Handlungsfähigkeit beschränkt der Ressourcenzugriff für den einzelnen Partner ausserhalb seiner Herkunftskanzlei meist schwierig, und die Investitionsbericht gering, da sie alle Herkunftskanzleien nach dem Muster beurteilen: was springt dabei für uns heraus, anstelle: wie werden wir dadurch gemeinsam stärker? Sie halten sich nur dank hervorragender Einzelleistungen weniger Partner im Konzernsegment (s. Studie… Benchmark verlinken), bedienen im Übrigen die lokale oder regionalen Mandanten, und erfahren weder die Vorzüge des Größe (Kompetenzen, Kapazität) noch die Entlastung, die ein ordentliches Kanzleimanagement leisten kann. Vor allem aber: die Partner richten sich in ihrer Komfortzone ein, und die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Herkunftskanzleien bleibt zu niedrig, oder driftet gar noch weiter auseinander, so dass die Interessenskonflikte vorprogrammiert sind.

Dies alles hat mit dem Verständnis von Zusammenarbeit zu tun, die in deutschen Kanzleien gepflegt wird, und die (etwa im Gegensatz zu der Schweiz, oder Norwegen) eine grundsätzliche Abneigung gegenüber Managementstrukturen pflegt. Da die juristische Ausbildung auch keine Managementkompetenzen fördert, finden sich zu oft auch Partner zum Management berufen, die das Handwerkszeug nicht beherrschen, welches Führung ist.

Nun wird seit ein paar Jahren dieses Dilemma zunehmend bewusst, zumal der Markt diese Konstrukte auch nicht mehr toleriert, und die laufende Improvisation der Partner zu viel Zeit und Nerven kosten, die ihnen Management ersparen könnte. Egal ob Rechtsanwälte oder Wirtschaftsprüfer, nationale oder internationale Kanzleien, die Fähigkeit, im Wettbewerb schnell und entschieden zu agieren und zu investieren wird immer wichtiger.

Doch die Veränderung ist viel schwieriger und bedarf eines ganz anderen Prozesses, als es vor einem Zusammenschluss der Fall ist. Wird bei Eingehen der Zusammenarbeit von Kanzleien klassische Verhandlung möglich, mit einem klaren Prozess des Abbruches, wenn die Interessen der Parteien nicht berücksichtigt werden, sind nach vielen Jahren der Zusammenarbeit unter einem gemeinsamen Markendach Beziehungsmuster gewachsen, die einzelnen Partner quer durch die Herkunftskanzleien nützlich sind. Die einfache Trennung zwischen uns und denen ist nicht mehr möglich, also gibt es auch keine klaren Verhandlungslinien mehr. Die Verhandlungsmasse ist viel komplexer geworden, und einfache Abstimmungen in den Herkunftskanzleien sind nicht mehr sicher.  Auch gibt es viele, die dem Streben nach größere Einheit auch deshalb widerstreben, weil sie wissen, dass ihr Business Case nicht ausreicht, oder weil sie den Komfort der kleinen Einheit, in denen ihre Stimme mehr zählt als im größeren Verbund, nicht missen möchten.

So stehen diese Kanzleien (allein im Segment der 50 größten Kanzleien nach Umsatz in Deutschland sind es nach unserer Zählung x) vor einem Dilemma: als Partnerschaften haben sie keine Durchsetzungsmöglichkeiten gegenüber den Partnern, und zugleich besteht Handlungsdruck.

Hier setzt unser Beratungsmethodik an: mit dem „Real Time Change Ansatz gelingt es uns, in jedem Workshop den Konsens der Partner neu zu definieren, und ganz neue Perspektiven einzunehmen. Aufbauend auf der Einsicht, dass Betroffene zu Beteiligten der Veränderung gemacht werden müssen, und mit unserem Handwerkszeug aus der Systemischen Beratung, helfen wir Partnerschaften, sich neu zu entdecken und Chancen der Veränderung positiv zu sehen, anstelle nur die Risiken zu betrachten.

So haben wir

  • Eine große Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bei der Neuausrichtung nach Anschluss an ein internationales Netzwerk unterstützt
  • Eine Anwalts-Kanzlei bei der Reflexion der Entscheidungsprozesse geholfen zu verstehen, wie sie sich neu organisieren muss
  • Eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die 10 Jahre lang unter einem Dach gearbeitet hat, geholfen, ihre Kanzlei neu zu denken und die Potentiale der Kooperation zu entdecken, inkl. der Einführung eines Management Boards somit Geschäftsordnung
  • Nationale Anwaltskanzleien bei der Änderung ihrer internen Unternehmenskultur geholfen, so dass Führbarkeit der Organisation in den Bereichen HR, IT und Wirtschaftlichkeit möglich wurde.


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